Ausführliche Beschreibung der Programminhalte

Eröffnungsvortrag (2 UE)

7. Oktober 2023

Die therapeutische Haltung in der Arbeit mit trans*, inter* und nichtbinären Klient*innen
Dr. Gisela Fux Wolf; Berlin

Im Kontakt und in der Kommunikation mit cisgeschlechtlichen Kolleg*innen begegne ich als nichtbinäre Psychotherapeut*in immer wieder Herausforderungen bezogen auf die Haltungsfrage in der therapeutischen und beratenden Arbeit mit trans* und nichtbinären Personen. Für mich ist es selbstverständlich, dass Transgeschlechtlichkeit ein der Cisgeschlechtlichkeit gleichwertiger und wundervoller Ausdruck der eigenen geschlechtlichen Identität ist. Ich habe keinen Zweifel daran, dass sich eine trans* Biografie gut mit psychischer Gesundheit, Verantwortungsübernahme für sich selbst und so auch für den eigenen Körper, die eigene Zukunft und die Gestaltung der Gesellschaft verträgt. Ich erlebe jeden Tag, wie trans* und inter* Personen sich den Folgen gesellschaftlicher Stigmatisierung stellen, ihre Wege trotz alledem gehen, Überlebensmöglichkeiten finden, einen Schatz an Resilienzen aufbauen. Und dass und wie sie ihre Entscheidungen in sozialen, rechtlichen und auch körpermodifizierenden Transitionen selbstbestimmt und für sich selbst tragfähig treffen. Auf Seiten psychotherapeutischer Behandler*innen ist das Thema der Unterstützung trans*- und intergeschlechtlicher Personen hingegen manches Mal von Aufruhr, Unsicherheiten und Ängsten gekennzeichnet. In dem Vortrag möchte ich aufzeigen, mit welcher Haltung wir als Psychotherapeut*innen trans*, nichtbinären und inter* Personen gegenübertreten, auf welches Fachwissen wir uns stützen können, und wie wir uns mit eigenen Unsicherheiten auseinandersetzen können. So, dass wir auf der Seite von queeren Klient*innen stehen können.

Literatur:

American Psychological Association (2015). Guidelines for Psychological Practice With Transgender and Gender Nonconforming People. American Psychologist, Dez. 2015. Verfügbar unter: https://www.apa.org/practice/guidelines/transgender.pdf

American Psychological Association (2017). Multicultural Guidelines: An Ecological Approach to Context, Identity, and Intersectionality. Verfügbar unter: http://www.apa.org/about/policy/multicultural-guidelines.pdf

Günther, M., Teren, K. & Wolf, G. (2021). Psychotherapeutische Arbeit mit trans* Personen. Handbuch für die Gesundheitsversorgung (2. Aufl.). München: Reinhardt.

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Zweitägige Workshops (14 UE)

7. – 8. Oktober 2023

WS 1: Queerness sprechen – LSBTIQ* Grundlagen und gendersensible Sprache in der Praxis
Lian Eisenhuth; Berlin

Als Psychotherapeut*innen ist unser wichtigstes Werkzeug unsere Sprache. Wir passen diese an unser Gegenüber an und finden gemeinsam die passenden Worte für das Erleben unserer Klient*innen. Dabei sind Sprache und Geschlecht untrennbar miteinander verbunden. Wir sprechen andauernd Geschlecht, wir gendern unerlässlich (auch ohne Stern, Unterstrich und Doppelpunkt). Insbesondere in der Arbeit mit gendernonkonformen, inter- und transgeschlechtlichen Klient*innen bedarf es Kreativität, Flexibilität und Übung, um unser Gegenüber mitzudenken, abzuholen und letztendlich nicht zu verletzen. In diesem Workshop lernen wir zunächst die Grundlagen und Begrifflichkeiten kennen und beschäftigen uns mit LSBTIQ* sowie Heteronormativität. Anschließend liegt der Fokus auf geschlechtersensibler Sprache. Neben anschaulichen theoretischen und praktischen Inputs geht es dabei vor allem um Üben und Ausprobieren, eine Selbstreflexion und ein Hinterfragen der eigenen Praxis. Mir ist hierbei ein offener, fehlerfreundlicher Raum zum Lernen besonders wichtig.

 

WS 2: Diskriminierungssensibles beratendes und psychotherapeutisches Arbeiten auf Augenhöhe mit inter* Personen
Dr. Gisela Fux Wolf, Léan Maurer; Berlin

In dem Workshop soll es im ersten Block zunächst darum gehen, zu verstehen, welche Bedeutung das Wort Inter* hat und wie inter* Menschen es definieren. Darauf aufbauend beschäftigen wir uns mit den Lebensrealitäten von inter* Menschen um zu verstehen, welche psychosozialen Belastungsfaktoren und Diskriminierungserfahrungen in der Biografie von inter* Menschen eine Rolle spielen können. Danach werfen wir einen Blick auf die heutige rechtliche Lage und die Schutzfaktoren, die inter* Menschen bisher für sich erkämpfen konnten. Dann betrachten wir verschiedene Forschungsergebnisse bezüglich der psychischen Gesundheit von inter* Menschen und den Vulnerabilitäten, die daraus abzulesen sind. Daraus leiten wir ab, mit welcher Haltung eine leitliniengerechte Psychotherapie für inter* Menschen gelingen kann. Abschließend nähern wir uns noch dem Thema Intersektionalität an und beschäftigen uns mit inter* Menschen, die aus Erfahrung über das Thema Alter und Rassismus sprechen. Im zweiten Block des Workshops am Folgetag werden Übungen zur psychotherapeutischen Haltungsentwicklung im Themenfeld angeboten und spezifische Fragestellungen in der psychotherapeutischen Arbeit mit inter* Personen aufgegriffen: Wie können wir hier spezifisch und fachkompetent ein bedarfsgerechtes psychotherapeutisches Angebot konzeptualisieren? Wie können inter* Personen in den Auseinandersetzungen mit ihrer Identität, mit ihrem Körper, mit Sexualitäten und Beziehungen psychotherapeutisch begleitet werden? Wie kann eine inter*spezifische Arbeit mittels des Minority-Stress-Paradigmas stattfinden? Wie kann eine Traumabehandlung anlässlich der spezifischen Traumadynamiken bei uneingewilligten Operationen im frühen Kindesalter stattfinden? Wie wissen wir über interspezifische Resilienzentwicklungen und wie können wir hier Rückhalt anbieten?

Literatur:

Inter* Pride, Perspektiven aus einer weltweiten Menschenrechtsbewegung (Paul Haller, Luan Pertl, Tinou Ponzer)
The spectrum of sex (Hida Viloria, Maria Nieto)
Intersexualität kontrovers (Katinka Schweizer, Hertha Richter-Appelt)
A comprehensive guide to intersex (Jay Kyle Petersen)

 

WS 3: Psychotherapie mit trans* und queeren Personen
Jules Kilian Brauer; Frankfurt am Main

Trans Personen erhalten glücklicherweise in den letzten Jahren eine zunehmende Sichtbarkeit in der Gesellschaft. Nichtsdestotrotz sind sie weiterhin mit Feindlichkeit, Diskriminierung und Gatekeeping durch Behandler*innen konfrontiert. Da sie von medizinischer und psychologischer Unterstützung besonders abhängig sind, ist es eine essentielle Aufgabe für Psychotherapeut*innen, das eigene Verhalten und die eigene Machtposition zu reflektieren. Der Workshop soll hierzu Gelegenheit bieten und Kompetenzen für die leitliniengerechte Versorgung vermitteln.

Literatur:

Günther, M.,Teren, K., Wolf, G., Langs, G. (2019). Psychotherapeutische Arbeit mit trans* Personen: Handbuch für die Gesundheitsversorgung. Ernst Reinhardt Verlag.
Tilsen, J. (2021). Queering your Therapy Practice. Routledge.

register.awmf.org/assets/guidelines/138-001k_S3_Geschlechtsdysphorie-Diagnostik-Beratung-Behandlung_2020-03.pdf

 

WS 4: : Que(e)r Beet – Herausforderungen von der Erstvorstellung bis hin zu geschlechtsangleichenden Maßnahmen – Ein Überblick über die therapeutische Begleitung von transidenten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Praxis
Antje Kirchhof-Kramp; Steinau

Transgender, Geschlechtsdysphorie, non-binary sind nur einige Begriffe für die stark angewachsene Geschlechtervielfalt, die in der Gesellschaft und bei den Therapeut*innen ankommt. Die vielfältigen Formen der transidenten Entwicklung stellen Therapeut*innen teilweise vor herausfordernde diagnostische und therapeutische Arbeit. Es soll ein Überblick der therapeutischen Herausforderungen von der Erstvorstellung bis hin zu operativen Eingriffen gegeben werden. Hierbei geht es u. a. um die Entwicklung geschlechtlicher Identität, Begrifflichkeiten, Diagnosen und Diagnostikmaterial, Ziele der Therapie sowie die vielfältigen Aufgaben des / der Therapeut*in. Ziel ist es, Therapeut*innen in der Arbeit mit betroffenen Kindern, Jugendlichen und deren Eltern zu stärken, zur Arbeit mit Transgendern zu ermutigen und die Scheu abzulegen.

Literatur:

Meyerburg, Bernd. Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter. Kohlhammer Verlag
Preus, Wilhelm. Geschlechtsdysphorie, Transidentität und Transsexualität im Kindes- und Jugendalter. Reinhardt Verlag
Brill, Stephanie. Wenn Kinder anders fühlen. Reinhardt Verlag

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