Rückblick zur 23. DGVT-Workshoptagung

Vom 22. – 24. Februar 2024 fand in Köln die 23. DGVT-Workshoptagung mit dem Titel „Eine Tüte Buntes – Vielfältige Ansätze in der Psychotherapielandschaft“ statt.
Gerd Per von der Aus- und Weiterbildungskommission (AWK) der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) e. V. war vor Ort mit dabei und berichtet:

 

„Viele neue Ideen sind dabei geboren worden“ –

Interview mit Gerd Per (AWK) zur 23. DGVT-Workshoptagung
 

DGVT: Was war in der Tüte?

GP:  Wie der Titel schon sagt: jede Menge Buntes. Die AWK hat sich dieses Mal entschieden, die Workshoptagung nicht auf ein bestimmtes Thema oder Themenschwerpunkt eng zu führen, sondern vielmehr aktuelle Strömungen aufzugreifen und kompetente Referent*innen einzuladen. Die Workshoptagung ist durch Corona zwei Mal ausgefallen, beziehungsweise hat nur online stattgefunden. So war uns dieses Jahr wichtig, einen weiten Überblick über aktuelle Trends und Themen anzubieten, so dass für möglichst alle etwas dabei ist.

DGVT:  Es ging auch darum „stigmatisierten Positionen“ mehr Sichtbarkeit zu geben. Ist das gelungen?

GP:  Es gibt immer schwierige, oft umstrittene Themen. Solche die aktuell gesellschaftlich polarisierend diskutiert werden (LGBTQ, Klimakrise, Demokratieverständnis etc.), aber auch Verfahren, die streng genommen, nicht gut als KVT verstanden werden können, die aber dennoch im therapeutischen Kontext gefragt sind. Die DGVT hat dafür immer Raum geschaffen und zeichnet sich hier durch ihre Offenheit aus. Schaut man sich das Programm an, wird man solche Angebote finden.

DGVT: Wie war das Feedback der Teilnehmenden?

GP: Gut! Alle Mitarbeitenden haben immer viel positives Feedback bekommen. In den nächsten Tagen wird auch die Online-Befragung ausgewertet sein. Auch da zeichnet sich durchweg eine positive Reaktion ab.

DGVT: Wie war für dich diese 23. Workshop-Tagung? Was hast du für dich mitgenommen? Wurden deine Erwartungen erfüllt?

GP: Unter allen Workshop-Tagungen, an denen ich teilgenommen habe, gehört diese sicher zu den besten. Sie war perfekt von den Mitarbeiter*innen der Geschäftsstelle organisiert. Das Maternushaus in Köln hat ein komfortables Ambiente mit einem hervorragenden Catering geboten. Fast alle geplanten Workshops konnten stattfinden, das heißt es gab eine gute Nachfrage. Aus den Workshops gab es positive Rückmeldung. In den Pausen konnte man engagierte Diskussionen der Teilnehmer*innen beobachten. Die Workshops, an denen ich teilgenommen habe, hatten eine entspannte Atmosphäre, kompetente Referent*innen und engagierte Teilnehmer*innen. Geselligkeit und Austausch in den Pausen und an den Abenden waren interessant und angenehm. So haben sich meine Erwartungen mehr als erfüllt.

DGVT: Was war an Rahmenprogramm und Nebenveranstaltungen/Ausstellungen geboten?

GP: Wir haben einigen Ausstellern und Gruppen die Möglichkeit gegeben, sich im Forum des Hauses zu präsentieren, beziehungsweise therapeutisches Material und Bücher zu verkaufen. Das scheint gut gelaufen zu sein.

DGVT: 2022, vor zwei Jahren, konnte die DGVT-Workshoptagung „nur“ online stattfinden. Was macht den Unterschied?

GP: Welten liegen dazwischen. Online geht es weitgehend um Informationen. All das, was an Zwischenmenschlichem, angefangen von Übungen in den Workshops bis zur Geselligkeit am Abend, stattgefunden hat, gibt es online natürlich nicht.

DGVT: War das Interesse geringer als sonst? Wenn ja, gibt es Hinweise warum?

GP: Insgesamt haben 240 Kolleg*innen an der Tagung teilgenommen. Durchschnittlich waren circa 160 Personen vor Ort. Räumlich und personell hätte es noch etwas „Luft nach oben“ gegeben. Aber als erste große Veranstaltung nach Corona können wir meines Erachtens zufrieden sein. Was die Pandemie uns beschert hat, sind natürlich die Vorteile, die Online-Fortbildungen bieten: weniger Kosten, keine Reisen, schneller Zugang. Der Nachteil sind die fehlenden Begegnungen, deren Bedeutung für einen Verband wie die DGVT nicht unterschätzt werden sollten. Viele neue Ideen sind dabei geboren worden.

DGVT: Was für Möglichkeiten gibt es, die Workshoptagung übernächstes Jahr zu gestalten – im Hinblick auf die Erfahrungen jetzt aus 2022? Wie ist hier deine Einschätzung?

GP: Die AWK befindet sich ganz am Anfang der Planung für 2026. Was zunächst eine Frage sein wird ist, ob wir wieder wie früher, immer in Tübingen tagen wollen. Dafür spricht, dass dort die Geschäftsstelle ist, und natürlich die Atmosphäre in der Stadt, derentwegen viele Kolleg*innen teilweise schon seit Jahrzehnten dorthin kommen. Allerdings sind aktuell die räumlichen Möglichkeiten nicht optimal. Alternativ überlegen wir ein Modell mit der Tagung durch die Republik zu wandern. Inhaltlich ist noch alles offen.

DGVT: Was macht die Workshoptagung aus? Warum ist es ein Gewinn daran teilzunehmen?

GP: Traditionell war die Workshoptagung in Tübingen im Wechsel mit dem Kongress in Berlin das große Jahrestreffen der Mitglieder der DGVT. Vor dem Psychotherapeutengesetz bildeten sich Kolleg*innen nach dem sogenannten Arbeitskreis-Modell zu Psychotherapeut*innen aus: man traf sich regional in Gruppen, tauschte sich aus und dokumentierte das Erarbeitete. Einmal im Jahr traf man sich, um bei den eingeladenen Koryphäen der VT sein Wissen zu vertiefen. Darüber hinaus fanden auch die Mitgliederversammlungen statt. Spätestens seit 1999 haben sich die Schwerpunkte natürlich in Richtung Bildung verschoben.

Zur Person Gerd Per:
Gerd Per ist Jahrgang 1955, Kinder- und Jugendlichenpsycho­thera­peut in eigener Praxis in Herne. Seit 1991 ist er Mit­glied in der DGVT/DGVT-BV, seit 1996 Mit­glied in der AWK (damals wegen seiner Unzufriedenheit mit der Ausbildung, heute wegen der wunderbaren Gestaltungsmöglichkeiten) und in der Fach­gruppe Kinder und Jugend­liche.

Interview: Hanna Pfeiffer, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit (DGVT), im März 2024

Die Ansicht des Interviews als PDF finden Sie hier.