Ausführliche Beschreibung der Programminhalte

Programm am Donnerstag, 22. Februar 2024

Tagesworkshops (5 UE)

Donnerstag, 22. Februar 2023 (13.45 – 18.15 Uhr)

WS DO 1: Impact Techniken – Bunte Vielfalt für bunte Themen
Eva Barnewitz; Konstanz

"Impact Therapie - das ist doch das mit dem Dollarschein…"

Ja, genau das ist sie! Und gleichzeitig hält die Impact Therapie noch so viel mehr Buntes als „nur“ die Arbeit mit Requisiten bereit. Theorie- und themenübergreifend bietet die Impact Therapie einen kreativen, multisensorischen, aktivierenden und motivationalen Ansatz für Therapie, Beratung und Coaching. Die Prämisse „Sprich zu den Augen, nicht zu den Ohren" (Ed Jacobs) leitet diesen Workshop, in dem wir uns neben verschiedensten kreativen Techniken insbesondere der Frage widmen, wie wir als Therapeut*innen die Therapiestunden bunter, lebendiger und damit wirksamer gestalten können. Neben Mini-Demos und zahlreichen Praxisbeispielen erwarten Sie in diesem Workshop Übungen und Methoden, die Sie unmittelbar in Ihrer eigenen Praxis anwenden können. Fallbeispiele der Teilnehmenden und aktuelle Themen ihrer Patient*innen sind herzlich willkommen!

Literatur:

• Beaulieu, D. (2006). Impact Techniken für die Psychotherapie
• Jacobs, E., & Schimmel, C. (2013). Impact therapy: The courage to counsel. Impact Therapy Associates.


WS DO 2: ICD-11
Alexander Hartig; Hamburg

Aufgrund der Komplexität des deutschen Gesundheitssystems, wird der Wechsel von der Nutzung der ICD-10 zur Nutzung der ICD-11 vorrausichtlich noch Jahre dauern. Es lohnt sich jedoch, sich schon jetzt mit dem neuen Modell vertraut zu machen – unter anderem, da die ICD-11 aktuelle Forschungsentwicklungen berücksichtigt.
Der Workshop Seminar setzt sich aus drei Schwerpunkbereichen zusammen:

  1. Veröffentlichungsgeschichte, grundlegende Innovationen und Kodierung;
  2. Neue Diagnosen und Veränderungen bei bereits bestehenden Diagnosen;
  3. Persönlichkeitsstörungen.

Der dritte Teil ist (wahrscheinlich) besonders relevant, da die "Einführung des dimensionalen Modells der Persönlichkeitsstörungen" die fundamentalste Veränderung in der elften Revision der ICD darstellt. Nach einem wissenschaftsgeschichtlichen Überblick werden wir die Diskussion um die klassisch-kategoriale Konzeption von Persönlichkeitsstörungen aufgreifen; Ziel dabei ist, die Gründe für die Neuentwicklung des dimensionalen ICD-11 Modells nachvollziehbar zu machen. Dann wird das neue Modell im Detail vorgestellt und abschließend mithilfe einer Übung erprobt. Trotz einer relativ hohen Informationsdichte wird bei dem Workshop darauf Wert gelegt, dass Raum für kollegialen und diskursiven Austausch bleibt.

Literatur:

Bach, B., & First, M. B. (2018). Application of the ICD-11 classification of personality disorders. BMC psychiatry18, 1-14.
Gaebel, W., Stricker, J., & Kerst, A. (2022). Changes from ICD-10 to ICD-11 and future directions in psychiatric classification. Dialogues in clinical neuroscience.
Lilienfeld, S. O., & Latzman, R. D. (2018). Personality disorders: Current scientific status and ongoing controversies. In APA handbook of psychopathology: Psychopathology: Understanding, assessing, and treating adult mental disorders, Vol. 1 (pp. 557-606). American Psychological Association.


WS DO 3: EMDR – ein transdiagnostischer Ansatz
Peter Liebermann; Leverkusen

EMDR ist ein seit über 30 Jahren existierender psychotherapeutischer Ansatz der von Francine Shapiro (1948-2019) entwickelt wurde. Grundlage aller Behandlungsüberlegungen ist das von Shapiro entwickelte Modell der adaptiven Informationsverarbeitung (AIP), demnach dysfunktional verarbeitete Erfahrungen (pathogene Erinnerungen) klinische Symptome verursachen und aufrechterhalten. Das Durchführen bilateraler Stimulation mit doppelter Aufmerksamkeit führt zur Aufarbeitung der pathogenen Erinnerungen durch Aktivierung der Selbstheilungssysteme des/der Klient*in. Zunächst etabliert als therapeutischer Ansatz zur Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung (Anerkennung 2014 durch GBA) finden sich in einer Vielzahl von Studien Wirksamkeitsnachweise in der Behandlung von Depressionen, Schmerzstörungen und als Frühintervention nach Akuttrauma. Darüber hinaus bewährt sich EMDR bei der Behandlung psychischer Folgen somatischer Erkrankungen. In einer aktuellen Übersicht finden sich 89 Studien, die positive Ergebnisse bei Erkrankungen wie z.B. Tinnitus, Krebserkrankungen und verschiedenster neurologischer Erkrankungen aufzeigen. Auch wenn letztlich der Effekt der bilateralen Stimulationen nicht ganz geklärt ist, weisen neuere Studien sowohl an Mäusen wie auch bei Menschen darauf hin, dass die Stimulationen inhibitorisch auf Prozesse in der Amygdala sich auswirken. Der Workshop gibt einen Überblick über das AIP-Modell, die 8 Behandlungsschritte des Standardprotokoll sowie den aktuellen Forschungsstand.

Literatur:

Shapiro, F.: EMDR – Grundlagen und Praxis: Handbuch zur Behandlung traumatisierter Menschen. Junfermann, 3. Überarbeitete Auflage 2022
Rost, C. (Hrsg.)Ressourcenarbeit mit EMDR - neue Entwicklungen

 

 

Angebote des DGVT-Berufsverbandes (5 UE)

Donnerstag, 22. Februar 2024 (13.45 – 18.15 Uhr)

BV 1: Update Berufsrecht
Kerstin Burgdorf; Tübingen

Frischen Sie im Workshop Ihr Wissen zum Berufsrecht der Psychotherapeut*innen auf und erfahren Sie Neuigkeiten (neue Rechtsprechung), Konkretisierungen und Entwicklungslinien im Psychotherapeutenrecht allgemein.

Wesentliche Inhalte:

  • Grundlagen des Berufsrechts für Psychotherapeut*innen sowie Informationen zum Patientenrechtegesetz (insbesondere Sorgfaltspflichten, Schweigepflicht der Psychotherapeut*innen, Abstinenzgebot, Aufklärung, Informierung und Einwilligung in die psychotherapeutische Behandlung, Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht, Einsichtsrecht in die Patientenakte).
  • Spezielle Aspekte bei minderjährigen Patient*innen und ihren Bezugspersonen aus dem sozialen Umfeld (Schweigepflicht, Akteneinsichtsrecht und Weitergabe von Berichten bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen, Auskunftspflichten).
  • Aktuelles Thema ePA: Was ist zu beachten hinsichtlich der Dokumentation und des Akteneinsichtsrechts?

Im Workshop wird jeweils ein allgemeiner Überblick gegeben zu jedem Themenbereich, um dann Fallvarianten aus der Beratungspraxis der DGVT-BV-Mitgliederberatung darzustellen. Gerne können Sie im Vorfeld der Veranstaltung Ihre Fragen zum Berufsrecht an die Dozentin senden.

Literatur:

Stellpflug, Martin, Musterberufsordnung für die Psychotherapeuten, Text und Kommentierung, 4., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Psychotherapeutenverlag, Heidelberg 2020
Stellpflug, Martin, Berufsgerichtliche Rechtsprechung Psychotherapie Loseblattsammlung, 1. Auflage, Psychotherapeutenverlag, Heidelberg 2017


BV 2: Crashkurs für deine Praxisgründung
Nina T. Engstermann; Wetter (Ruhr)

Der Start in die Selbstständigkeit bringt einige unternehmerische und persönliche Herausforderungen mit sich. In diesem Workshop erarbeiten wir einen 3-Phasen-Fahrplan für die Niederlassung in einer eigenen Praxis – egal ob du einen Kassensitz übernimmst oder eine Privatpraxis eröffnest. Selbstständig zu sein kann Spaß machen, wenn du strategisch gut aufgestellt bist und weißt, worauf du dich einlässt. Mit dem Know-how aus diesem Workshop kannst du konkret die nächsten Schritte deiner Praxisgründung planen und umsetzen. Und zwar ohne befürchten zu müssen, dass deine Selbstständigkeit zum Crash wird!


BV 3: Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen im Kontext Kinderschutz – (Neu-)Regelungen im Kinder- und Jugendhilferecht sowie in der Berufsordnung für Psychotherapeut*innen
Wolfgang Schreck; Hattingen

In der psychotherapeutischen Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und ihren Familien sowie Erwachsenen ergeben sich immer wieder Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Kindeswohl. Welche Rechte und Pflichten habe ich dabei als Behandler*in, welche Patient*innenrechte stehen dem ggf. entgegen und wie kann dabei das Kindeswohl gesichert werden? Der Gesetzgeber hat in der Vergangenheit hierfür neue und auch weitgehende rechtliche Regelungen geschaffen, die zu beachten sind. Der Workshop gibt einen Überblick über diese rechtlichen Regelungen sowie insbesondere zur Schnittmenge mit dem Jugendamt. Eigene Fälle können gerne eingebracht werden.

Literatur:

Musterberufsordnung für Psychotherapeut*nnen der BPtK (https://api.bptk.de/uploads/Muster_Berufsordnung_der_B_Pt_K_412a6bcb36.pdf)
Lehndorfer, Peter, Maur, Sabine, Stellpflug, Martin: Berufsrecht und Berufsethik für Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeuten. Kohlhammer, 2023.


BV 4: Abrechnung nach EBM & GOP für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen
Sebastian Wurm; Hilden

In dieser Veranstaltung wird auf die Abrechnung sowohl von Leistungen über die kassenärztlichen Vereinigungen als auch auf die spezifischen Besonderheiten in der Privatliquidation eingegangen. Schritt für Schritt werden alle relevanten Gebührenordnungspositionen für Verhaltenstherapeut*innen erläutert und typische Abrechnungsfälle vorgestellt. Dabei vermittelt das Web-Seminar einschlägiges Wissen über die wichtigsten Abrechnungsziffern unter Berücksichtigung der Besonderheiten in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Bei der Abrechnung für Privatpatient*innen sind neben den einschlägigen Abrechnungsziffern vor allem die Zusätze relevant und es wird einschlägiges Wissen darüber vermittelt, welche Leistungen grundsätzlich abrechenbar sind und darüber hinaus, wie sie auf Privatrechnungen darzustellen sind. Außerdem wird vermittelt, wie Steigerungssätze eingesetzt werden.

 

 

1,5 tägige Workshops (12 UE)

Donnerstag/Freitag, 22. – 23.  Februar 2024

(Donnerstag: 13.45 – 18.15 Uhr; Freitag: 08.30 – 15.00 Uhr)

WS DF 1: Psychotherapie, Psychoedukation & Coaching bei ADHS im Erwachsenenalter AUSGEBUCHT
Roberto D’Amelio; Homburg/Saar

Bei der ADHS handelt sich um eine Störung, welche bereits im Kindesalter beginnt und durch die Hauptsymptome Störung der Aufmerksamkeit, motorische/innere Unruhe und Störung der Impulskontrolle gekennzeichnet ist. Neuere Daten belegen eindrücklich, dass ADHS bei ca. der Hälfte aller Betroffenen auch im Erwachsenenalter weiter bestehen bleibt und dann sowohl mit weiteren psychischen Beeinträchtigungen, als auch mannigfaltigen psychosozialen Folgen behaftet sein kann. In dieser Fortbildung sollen Standards & aktuelle Entwicklungen in der Psychologischen Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter dargestellt werden. Der Schwerpunkt liegt auf einer praxisnahen Vermittlung von störungsspezifischen psychoedukativen und psychotherapeutischen Interventionen. Des Weiteren werden auch Strategien und Methoden eines ADHS spezifischen Coaching vorgestellt, sowie Möglichkeiten der Schulung & Betreuung von Angehörigen aufgezeigt. Darüber hinaus werden in dem Grundlagenteil dieses Workshops auch die Aspekte: Epidemiologie, Ätiologie, Komorbidität und Verlauf der ADHS über alle Altersstufen diskutiert, sowie Grundlagen für eine kompetente Diagnosestellung der ADHS im Erwachsenenalter vermittelt.

Literatur:

D'Amelio R, Retz W, Philipsen A, Rösler M (Hrsg.) (2008) Psychoedukation und Coaching ADHS im Erwachsenenalter. Manual zur Leitung von Patienten- und Angehörigengruppen. München: Urban & Fischer, Reihe: Im Dialog
Steinhausen CH, Döpfner M, Holtmann M, Philipsen A, Rothenberger A (Hrsg.) (2020) Handbuch ADHS - Grundlagen, Klinik, Therapie und Verlauf der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Stuttgart: Kohlhammer Verlag
D'Amelio R, Retz W, Philipsen A, Rösler M (2021) ADHS im Erwachsenenalter: Strategien und Hilfen für die Alltagsbewältigung. 2, erweiterte und überarbeitete Auflage. Stuttgart: Kohlhammer


WS DF 2: Psychotherapeutische Arbeit mit gendernonkonformen, nichtbinären und trans* Personen
Gisela Fux Wolf; Berlin

Gendernonkonforme, genderqueere und transgeschlechtliche Personen teilen in dieser Gesellschaft die Erfahrung, dass die Zuschreibungen, die aufgrund ihres Körpergeschlechts an sie gerichtet werden, nicht ihrem inneren Erleben und ihrer Geschlechtsidentität entsprechen. Da Geschlecht jedoch in dieser Gesellschaft eine hochrelevante Strukturkategorie darstellt, die in allen sozialen Beziehungen immer wieder angesprochen und mit Erwartungen ausgefüllt wird, stehen gendernonkonforme, genderqueere und transgeschlechtliche Personen immer wieder vor erheblichen Herausforderungen wie Gewalt, Diskriminierungen, Nicht-Anerkennen und Nicht-Gesehen-Werden. Diese machen es notwendig, dass diese Personen ihren Lebensweg immer wieder auch gegen erhebliche Widerstände gehen und einen Umgang mit Barrieren erarbeiten müssen, was zu biografischen Belastungen führen kann und es notwendig macht, spezifische Ressourcen zu entwickeln. Die Ausgestaltungsweisen von Geschlechtsidentität(-en) und Genderpräsentation(-en) einer Person überschneiden sich mit weiteren lebensweltlichen Merkmalen wie sozioökonomischen Status, Gesundheit, Behinderung, Herkunft etc. Dementsprechend ist die Berücksichtigung der Erfahrungen einer Person mit der je individuellen Positionierung in Bezug auf ihre unterschiedlichen Zugehörigkeiten entscheidend für ein Verständnis ihrer Erfahrungen und Umgangsmöglichkeiten damit. In der Psychotherapie haben gendernonkonforme, genderqueere und transgeschlechtliche Klient_innen aufgrund ihrer gesellschaftlichen Positionierung spezifische Versorgungsbedürfnisse. Damit erfordert die psychotherapeutische Begleitung dieser Menschen ein Wissen hinsichtlich rechtlicher, psychosozialer und medizinischer Umgangsweisen mit dem Thema, Selbstreflexion der Psychotherapeut_innen hinsichtlich der Bedeutung von Geschlecht und Möglichkeiten der Geschlechtspräsentation, sowie eine therapeutische Beziehungsgestaltung, in der die Psychotherapeut_innen bereit sind, sich auf Unsicherheiten einzulassen und scheinbare Selbstverständlichkeiten in Frage zu stellen oder in Frage stellen zu lassen.

Themen dieser Fortbildung sind:

  • die Auseinandersetzung mit der Vielfalt von Geschlechtern, • die therapeutische und beratende Begleitung gendernonkonformer, genderqueerer und transgeschlechtlicher Klient_innen in ihren Entscheidungen • Spezifika der Versorgung und Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Familien • bei Bedarf auch in und nach Transitionsprozessen
  • die Darstellung der fachlichen Leitlinien in diesem Themenbereich, insbesondere der neuen AWMF-Leitlinie „Geschlechtsdysphorie/Geschlechtsinkongruenz: Diagnostik, Beratung und Behandlung“
  • Informationen über Antragstellung für die Psychotherapie, • Kooperation in Netzwerken psychosozialer und medizinischer Versorgung (Operateur_innen, Logopäd_innen, MDK, Beratungsstellen etc.) • sowie die Selbstreflexion, Rollenübungen und Fallarbeit zum Thema


WS DF 3: Rassismuskritische und kontextsensible Psychotherapie
(Änderung: wird ausschließlich als Online-Workshop mit 7 UE am 23. Februar 2024 von 08.30 bis 15.00 Uhr angeboten!)
AUSGEBUCHT
Birsen Kahraman; München

Rassismuserfahrungen auf interpersoneller, institutioneller und struktureller Ebene sind in Deutschland weit verbreitet (NaDiRa, 2021) und haben erhebliche Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit. Potenziell traumatisch wirksame Alltagserfahrungen rassifizierter Personen werden zunehmend thematisiert und analysiert (Carter,  2007, Sequeira, 2015, Yeboah, 2017). Dennoch sind wir weit davon entfernt, dass Rassismuserfahrungen in der deutschsprachigen Forschung, Aus- und Weiterbildung oder psychotherapeutischen Versorgung angemessen (an)erkannt und inkludiert werden. Dies hat u.a. zur Folge, dass Folgen von Rassismus in der klinischen Praxis unzureichend erkannt und behandelt werden (Aikins et al., 2021). Dieser Workshop bietet eine Einführung in rassismuskritisches und kontextsensibles Denken und Arbeiten. Eine kritische Reflektion der eigenen Positioniertheit und damit einhergehender Perspektiven und Erfahrungen soll gefördert und für die therapeutische Arbeit nutzbar gemacht werden. Es werden relevante Forschungsarbeiten und Konzepte referiert und psychotherapeutische Handlungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten gemeinsam erarbeitet und diskutiert. Anhand von angeleiteten Übungen, aber auch der Reflexion von Praxiserfahrungen sollen eine rassismuskritische und kontextsensible therapeutische Haltung erfahrbar gemacht und die Übertragung in die eigene klinische Arbeit angeregt werden. Eine Bereitschaft zur Selbstreflexion und aktiven Teilnahme wird vorausgesetzt.

Literatur:

Aikins, M.A. et al. (2021): Afrozensus 2020: Perspektiven, Anti-Schwarze Rassismuserfahrungen und Engagement Schwarzer, afrikanischer und afrodiasporischer Menschen in Deutschland, Berlin. www.afrozensus.de
Sequeira, Dileta (2015): Gefangen in der Gesellschaft. Rassismuskritisches Denken und Handeln in der Psychologie. Tectum-Verlag.
Rassistische Realitäten. Auftaktstudie zum Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor NaDiRa, DeZIM 2021, https://www.rassismusmonitor.de


WS DF 4: Scham und Schuld – Wissen und Strategien für den psychotherapeutischen Alltag AUSGEBUCHT
Maren Lammers; Hamburg

Scham und Schuld gehören zum Menschsein dazu und sind wichtig für das soziale Miteinander. Beide Emotionen können aber auch zu tiefen Krisen, massivem Einsamkeitserleben, quälenden Selbstabwertungen, Dissoziationen und suizidalen Handlungen führen. Der Workshop vermittelt kompaktes theoretisches Wissen und unterstützt Therapeut*innen, sich wohlwollend den oft schmerzhaften Emotionen stellen zu können und beispielsweise Patient*innen darin zu unterstützen Emotionsregulationsstrategien zu erlernen. Gelingt es Menschen, Scham und Schuld für sich zu nutzen, erleben sie mehr selbstwertförderliche Emotionen wie Stolz, Selbstsicherheit als auch Selbstwirksamkeit. Gelungene Interaktionen in sozialen Kontexten zeichnen sich durch den flexiblen Einsatz von interpersonellen Strategien zur Gestaltung von Beziehungen aus und verhindern so die erneute Aktivierung dysfunktionalen Scham- und Schulderlebens.

Rahmenbedingungen: Workshop mit interaktionellen Anteilen und Theoretischen Anteilen sowie mit Möglichkeiten des Austausches, Selbsterfahrungseinheiten mit Selbstreflexionsanteilen für Therapeuten*Innen

Literatur:

2007: Mitarbeit am Buch Emotionsbezogene Psychotherapie. Lammers C. Verlag: Schattauer, Stuttgart
2016: Emotionsbezogene Psychotherapie von Scham und Schuld. Das Praxishandbuch. Lammers M. Verlag: Schattauer, Stuttgart
2017: Mit Schuld, Scham und Methode. Ein Selbsthilfebuch. Lammers M., Ohls I. Verlag: Balance Buch + Medien, Köln
2020: Scham und Schuld. Behandlungsmodule für den Therapiealltag. Lammers M. Verlag: Schattauer, Stuttgart
2020: Muttermale und Vaters Spuren. Ein Reiseführer für mutige Selbstentdecker. Lammers M. Verlag: Balance Buch + Medien, Köln
2020: Scham & Schuld in der Psychotherapie. Arbeitsmodell und Interventionen. Lammers M., Herrmann L. Ärztliche Psychotherapie, 15(4) 232–6. DOI: 10.21706/aep-15-4
2023: Therapie-Tools Kränkung und Einsamkeit. Lammers, M., Ohls I.Beltz-Therapie-Tools

 

 

Expert*innenvortrag (2 UE)

Donnerstag, 22. Februar 2024 (18.30 – 20.00 Uhr)

EV 1: Klinische Neuropsychologie, nur für Neuropsycholog*innen?
Boris Suchan; Bochum

Die Weiterbildung zur Klinischen Neuropsycholog*in war bisher nur nach dem Abschluss der Ausbildung zur Psychotherapeut*in bzw. nach der Approbation möglich. Seit der Studiengangreform ist die Klinische Neuropsychologie die dritte Säule neben der Psychotherapie und der Kinder- und Jugendpsychotherapie. Ein Austausch von „klassischer Psychotherapie“ und Klinischer Neuropsychologie war und ist eher selten. Auch im universitären Setting ist die Trennung immer noch deutlich zu bemerken: „Warum muss ich etwas über das Gehirn wissen, wenn ich Psychotherapie durchführe“. Natürlich wirkt jede Art der Psychotherapie auch im Gehirn und führt so zu Veränderungen, die unter Verwendung entsprechender bildgebender Verfahren auch aufzuzeigen sind. Zusätzlich ist ein Verständnis der Neuropsychologisch Psychotherapeutischen Therapieansätze und der Neuropsychologischen Syndrome und deren Auswirkungen auf das Verhalten und Erleben von Patient*innen auch für die Psychotherapie eine sinnvolle und wichtige Ergänzung. Ansätze aus der Neuropsychologischen Psychotherapie z.B. im Bereich der Gedächtnistherapie aber auch aus der Gedächtnisforschung stellen dazu eine sinnvolle Ergänzung in der Psychotherapie dar. So kann die Neuropsychologie Wege aufzeigen mit entsprechenden Problemen in der Therapie umzugehen bzw. das Erreichen der Therapeutischen Ansätze und Ziele zu unterstützen. Ebenso können neuropsychologische bzw. neurowissenschaftliche Erklärungsmodelle klinische Phänomene manchmal sehr gut aus einem anderen, neurowissenschaftlichen Blickwinkel erklären. Dies wird in dem Vortrag am Beispiel der Körperfehleinschätzung bei Patient*innen mit Anorexia Nervosa vorgestellt. In diesem Vortrag wird aufgezeigt, wie eine Kombination Neuropsychologischer und Psychotherapeutischer Ansätze genutzt werden kann therapeutische Ziele effektiv zu erreichen. Zudem wird deutlich gemacht, das Neuropsychologische Psychotherapie kein Hirnleistungstraining oder reine computergestützte Therapie ist.

Literatur:

Thoma P., Suchan B. Klinische Neuropsychologie im ambulanten Setting. 1. Auflage 2020, Springer
Winson R., Wilson, B.A., Bateman A.  Rehabilitation nach Hirnschädigung: Ein Therapiemanual (Therapeutische Praxis). 2020, hogrefe, Göttingen

©Köln Tourismus GmbH, Dieter Jacobi

Programm am Freitag, 23. Februar 2024

Tagesworkshops (7 UE)

Freitag, 23. Februar 2024 (08.30 – 15.00 Uhr)

WS FR 1: „Yes, and…“ und „Scheiter heiter“ – Was wir aus dem Improtheater in die Therapie mitnehmen können
Eva Barnewitz; Konstanz

Wer von uns hat sich nicht schon gewünscht, Unsicherheit und vermeintliche Fehler gelassen hinzunehmen oder auch mit Stagnation und Widerständen flexibel und spielerisch umzugehen? Im Improvisationstheater (kurz: Impro) entwickeln Spieler*innen “aus dem Nichts” und ohne Skript Szenen und Geschichten, die der Inspiration des Augenblicks folgen. Die Fähigkeiten, die das ermöglichen, sind auf der Bühne ebenso wertvoll wie im Therapiezimmer: Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt, Gelassenheit im Umgang mit Unsicherheiten, Flexibilität, Assoziationsfähigkeit, klare Kommunikation und eine wertschätzende und akzeptierende Grundhaltung. Durch konkrete Übungen werden wir diese und andere Fähigkeiten und Grundhaltungen trainieren. Auch ohne jegliche Vorerfahrung mit Impro und/oder Theater können Therapeut*innen sowohl auf professioneller als auch auf persönlicher Ebene einen reich gefüllten Methodenkoffer, Selbsterfahrung und Mut zum Ausprobieren mitnehmen.

Literatur:

Nees, F. (2019) Selbststärkung: 80 erlebnisorientierte Übungen für Psychotherapie und Beratung. Beltz Verlag.
Romanelli, A., Tishby, O., & Moran, G. S. (2017). “Coming home to myself”: A qualitative analysis of therapists’ experience and interventions following training in theater improvisation skills. The Arts in Psychotherapy, 53, 12-22.
Spolin, V. (2002). Improvisationstechniken für Pädagogik, Therapie und Theater (Vol. 8). Junfermann Verlag GmbH.


WS FR 2: Lügen, Gaslighting und andere Grausamkeiten. Was Beziehungen toxisch macht
Berit Brockhausen; Berlin

Immer häufiger bezeichnen Menschen ihrer Liebesbeziehung als toxisch. Aber was genau unterscheidet völlig normale Beziehungsprobleme von einer toxischen Beziehung? Als Paartherapeutin hat Berit Brockhausen täglich mit ganz alltäglichen Beziehungsproblemen und unlösbar scheinenden Paarkonflikten zu tun. Menschen unterscheiden sich allerdings darin, wie sie mit diesen Schwierigkeiten umgehen. Es ist wenig hilfreich, notwendendige Herausforderungen einer Liebesbeziehung sowie wenig erfolgreiche Umgangsweisen wie Streit, Klagen, Mauern oder Vermeiden sofort als „toxisch“ zu labeln. Gleichzeitig ist es sehr sinnvoll, genau hinzuschauen, wie die Beteiligten mit den Schwierigkeiten umgehen und aufmerksam dafür zu sein, ob psychische Gewalt angewendet oder erfahren wird. Dabei erweist sich David Schnarchs Mindmappingkonzept als wertvolle Verfeinerung der bekannten Kriterien. Es ermöglicht, genauer hinzuschauen und besser zu verstehen, ob und wann jemand gezielt die Wahrheit verdreht, ob jemand bewusst das Gegenüber an der eigenen Wahrnehmung zweifeln lässt, oder ob jemand ganz gezielt Dinge tut, um jemand anders leiden zu lassen. Gleichzeitig ergeben sich daraus auch Ansatzpunkte, wie die Hilfe für Betroffene aussehen kann.
Ziel des Workshops ist eine Einführung in die therapeutischen Möglichkeiten angesichts des Themas psychische Gewalt/toxisches Beziehungsverhalten. Auch wenn eine Einführung nicht dazu führt, dass die Teilnehmenden sofort erfolgreich mit diesem Thema arbeiten werden, so ermöglicht sie doch neue Perspektiven, weckt im Idealfall Interesse und inspiriert dazu, neue Schritte auszuprobieren. Darüber hinaus vermittelt dieser Workshop aber vor allem eine Haltung, die sich in der Arbeit mit Beziehungskonflikten bewährt hat und sowohl Mitgefühl als auch wohlwollende Konfrontation ermöglicht. Deshalb werden wir auch toxisches Beziehungsverhalten in anderen Beziehungen streifen: sowohl die Eltern/Kindbeziehung als auch die Therapiebeziehung (was tun, wenn der/die Therapeut*in toxisches Beziehungsverhalten beobachtet oder sogar selbst Adressatin dieses Verhaltens ist?)

Literatur:

David Schnarch: Brain Talk
Moshagen, M., Hilbig, B. E., Zettler, I.: The Dark Core of Personality. In: Psychological Review, Vol 125(5), Oct 2018, 656-688; https://dx.doi.org/10.1037/rev0000111

www.psychologie-heute.de/beziehung/artikel-detailansicht/42593-toxische-beziehung.html


WS FR 3: Spielfilme in der Psychotherapie
Brigitte Fellinger; Retz/Österreich

Am Beginn des Workshops steht die Einführung in die Filmtherapie – auch cinematherapy genannt, die eine schulenübergreifende psychotherapeutische Intervention ist. Nach der theoretischen Auseinandersetzung mit der Filmtherapie, ist der zweite Teil des Workshops dem Einblick in meine psychotherapeutische Praxis gewidmet. Stationen einer Lebenslinie, skizziert anhand von biographischen Ereignissen vieler Patient*innen/Klient*innen, werden filmtherapeutisch dargestellt, sind Teil eines psychotherapeutischen Prozesses. Filmtherapie lässt sich im psychotherapeutischen Alltag wunderbar mit anderen Methoden bzw. Interventionen kombinieren. Diese Intervention ist sowohl im stationären wie auch im ambulanten Setting einsetzbar, sie stellt eine Bereicherung sowohl in der Einzel- wie Gruppenpsychotherapie dar und kann auch in Supervision und Coaching verwendet werden.
 

WS FR 4: Psychotherapie von Menschen mit Körper- und Sinnesbehinderung
Christina Heil; Pforzheim

Zahlreiche Menschen sind von einer Körper- oder Sinnesbehinderung betroffen. Gemäß Daten des statistischen Bundesamtes haben je nach Altersgruppe zwischen drei und neunundfünfzig Prozent der Menschen in Deutschland eine Schwerbehinderung. Menschen mit Körper- und Sinnesbehinderungen machen leider häufig die Erfahrung, von Therapeut*innen abgelehnt zu werden oder sich in der Therapie mit ihren Anliegen unverstanden zu fühlen, denn Psychotherapeut*innen sind ohne Kenntnisse häufig unsicher wie sie Menschen mit Behinderung begegnen sollen.
In diesem Workshop erwerben Sie die notwendigen Fertigkeiten, um körper- und sinnesbehinderten Menschen eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Psychotherapie anbieten zu können. Sie erhalten Einblick in verschiedene Behinderungsarten sowie in Möglichkeiten zum Abbau äußerer Barrieren, beispielsweise um Ihre Praxis für Rollstuhlfahrer*innen zugänglich machen zu können, mit gehörlosen Menschen kommunizieren zu können und blinden Menschen schriftliche Arbeitsmaterialien zur Verfügung stellen zu können. Darüber hinaus werden Sie angeleitet, Strategien zur Identifikation und Bearbeitung von Emotionen und Heuristiken zu entwickeln, die bei Therapeut*innen durch die Konfrontation mit einer Behinderung entstehen können. Hierauf aufbauend werden anhand von Fallbeispielen therapierelevante behinderungsbezogene Themen sowie hilfreiche Fertigkeiten für Menschen mit Behinderung exploriert. Begleitend lernen Sie Therapiemethoden kennen, die sich in der Arbeit mit körper- und sinnesbehinderten Menschen bewährt haben.     

Literatur:

Heil, C. (2017). Psychotherapeutische Arbeit mit Menschen mit Körper- und Sinnesbehinderungen.
Psychotherapeutenjournal, 1, 11-18.
Dorrmann, W., Mösler, T., Rose, A., Poppek S. & Kemper J. (2018). Psychotherapie von und für Menschen mit Behinderung. Tübingen: Psychotherapie-Verlag.


WS FR 5: Verhaltenstherapeutische Behandlung von Hypochondrie und Krankheitsangst
Karoline Sophie Sauer; Mainz

(Pathologische) Krankheitsängste sind insbesondere in der medizinischen Erstversorgung nicht selten vertreten und stellen nicht nur deswegen ein relevantes Störungsbild dar. Mittlerweile gibt es effektive kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlungsansätze für (pathologische) Krankheitsängste, die sowohl im Einzel- als auch Gruppensetting durchgeführt werden können. Nachdem ein kurzer Überblick über das Störungsbild und das aktuelle Störungsverständnis gegeben wurde, sollen die wichtigsten kognitiven und behavioralen Interventionen für pathologische Krankheitsängste vorgestellt und anhand mehrerer Praxisübungen eingeübt werden. Die Teilnehmenden sollen dabei auch Einblick in innovative Expositionsansätze für pathologische Krankheitsängste erhalten, die auf die Überprüfung von Befürchtungen während der Konfrontation mit krankheitsbezogenen Themen abzielen (z. B. während Worst-Case-Konfrontation mit befürchteter Krankheit). Des Weiteren soll der Workshop auch zum kollegialen Austausch über konkrete Fallbeispiele der Teilnehmer*innen und das therapeutische Vorgehen in den Einzelfällen dienen.

Literatur:

Bleichhardt, G. & Weck, F. (2019). Kognitive Verhaltenstherapie bei Hypochondrie und Krankheitsangst. Berlin, Heidelberg: Springer
Gropalis, M., Bailer, J., Weck, F. & Witthöft, M. (2018). Optimierung von Expositionstherapie bei pathologischen Krankheitsängsten. Psychotherapeut, 63(6), 10.1007/s00278-018-0285-1

Sauer, K. S., Bailer, J., Jungmann, S. M., & Witthöft, M. (in press). Inhibitory Learning-Based Exposure Therapy for Patients With Pathological Health Anxiety: Results From a Single Case Series Study. Cognitive and Behavioral Practice. doi.org/10.1016/j.cbpra.2022.08.001


WS FR 6: Funktional Analytische Psychotherapie (FAP) und die Kunst der verhaltenstherapeutischen Beziehungsgestaltung
Norbert Schneider; Fürth

Die Funktional Analytische Psychotherapie (FAP) ist eine interpersonell intime und emotional intensive kontextuelle Verhaltenstherapie der sog. „dritten Welle“, in der die therapeutische Beziehung als zentrales Vehikel für Wachstum dient. In FAP wird besonders darauf geachtet, wie soziale und intrapsychische Probleme und Fortschritte im Hier und Jetzt der therapeutischen Begegnung in Erscheinung treten. Dabei versuchen wir auch „zwischen den Zeilen zu lesen“ und funktionale Parallelen zwischen den Verhaltensweisen außerhalb wie innerhalb der Therapiesitzung zu entdecken („Bewusstheit“; Prozessbeobachtung). Wir evozieren sozial und emotional herausfordernde Situationen in vivo, in denen unsere Patient*innen sich selbst besser wahrnehmen und neues Verhalten ausprobieren können („Mut“;  Problemaktualisierung). Wir bemühen uns, ehrliche und zugleich hilfreiche Rückmeldungen zu ihrem Verhalten anzubieten und modellhaft intensive und zugleich natürliche therapeutische Beziehungen zu entwickeln („therapeutische Liebe“), damit sie auch jenseits des Therapieraums erfüllende, authentische und intime Beziehungen verwirklichen können.

Ziele des Workshops:
Einige der Fragen, auf die wir im Workshop – anhand von Übungen, praxisnahen Reflexionen und dem eigenen Erleben – Antworten suchen werden:
Wie können wir diejenigen Prozesse besser beobachten, die „alltagsproblematische“ Erlebens- und Verhaltensweisen der Patient*innen in der Gegenwart der Therapiesitzung offenbaren? Wie können wir relevante Prozesse wie emotionale Vermeidung oder Widerstand in der Sitzung selbst feststellen und hilfreich adressieren? Wie können wir die Therapiesitzung als kreative Spielwiese gestalten, auf dem neues Verhalten und tieferes Erleben gewagt werden können? Wie können wir maladaptives Verhalten in einer ehrlichen und mitfühlenden Weise konfrontieren? Wie können wir aus unproduktiven oder malignen Interaktionen aussteigen und sie gemeinsam funktional reflektieren? Wie können wir intra- und interpersonelles Mitgefühl durch einen funktional-kontextuellen Blick auf unser Verhalten und Erleben fördern? Wie können wir eine authentische therapeutische Beziehung („real relationship“) fördern, damit wir natürlich wirksame „soziale Verstärker“ für Veränderung und Akzeptanz werden? Wie viel dürfen wir von uns selbst in der Therapiebeziehung zeigen? Wie können wir als Modelle Intimität, Abgrenzung, Echtheit und Offenheit in unseren Therapien vorleben? Wie gehen wir mit unserer eigenen Verletzlichkeit und Fehlbarkeit in der Therapie um?

Literatur:

Holman, G., Kanter, J., Tsai, M., Kohlenberg, R. (2017). Functional Analytic Psychotherapy made simple. Oakland: New Harbinger.
Kohlenberg, RJ & Tsai, M (1991). Functional Analytic Psychotherapy. Creating intense and curative therapeutic relationships. Plenum.
Schneider, N. (2010). Beziehung – Bewusstheit – Behaviorismus: Die Funktional Analytische Psychotherapie (FAP). Zeitschrift für Rational-Emotive & Kognitive Verhaltenstherapie, 21, 53-90.
http://functionalanalyticpsychotherapy.com/wp-content/uploads/FAP-Artikel-.pdf
Tsai M, Kohlenberg RJ, Kanter JW, Holman, GI & Loudon MP (2012). Functional Analytic Psychotherapy: Distinctive Features. Routledge.


WS FR 7: Diskriminierungsformen in der Psychotherapie mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
Christina Schütteler; Swisttal & Timo Slotta; Köln

Diversität ist allgegenwärtig: im Alltag und damit auch in der therapeutischen Praxis begegnen sich Menschen verschiedener Hautfarben, Sprachen, ethnischer Hintergründe, Religionen, sexueller Orientierung, Geschlecht, sozioökonomischer Hintergründe, Körpergewicht und mit oder ohne Behinderung. Diskriminierungserfahrungen außerhalb und innerhalb von Therapie können die Vulnerabilität für psychische Störungen erhöhen. Mögliche Diskriminierungserfahrungen müssen daher als Realität erfasst und bearbeitet werden. Dieser Workshop gibt einen Überblick über Diversitätsdimensionen und Diskriminierungsformen. Darauf aufbauend werden Selbstreflexion und die Einnahme einer privilegienkritischen Haltung angeregt und handlungsnahe Implikationen und Hinweise für die Praxis vermittelt.

Literatur:

Schütteler, C. & Slotta, T. (2023). Diskriminierungssensible Psychotherapie und Beratung. Springer.
Six, B., & Petersen, L. E. (2008). Stereotype, Vorurteile und soziale Diskriminierung. Beltz.


WS DF 3: Rassismuskritische und kontextsensible Psychotherapie
(Änderung: wird ausschließlich als Online-Workshop mit 7 UE am 23. Februar 2024 von 08.30 bis 15.00 Uhr angeboten!)
AUSGEBUCHT
Birsen Kahraman; München

Rassismuserfahrungen auf interpersoneller, institutioneller und struktureller Ebene sind in Deutschland weit verbreitet (NaDiRa, 2021) und haben erhebliche Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit. Potenziell traumatisch wirksame Alltagserfahrungen rassifizierter Personen werden zunehmend thematisiert und analysiert (Carter,  2007, Sequeira, 2015, Yeboah, 2017). Dennoch sind wir weit davon entfernt, dass Rassismuserfahrungen in der deutschsprachigen Forschung, Aus- und Weiterbildung oder psychotherapeutischen Versorgung angemessen (an)erkannt und inkludiert werden. Dies hat u.a. zur Folge, dass Folgen von Rassismus in der klinischen Praxis unzureichend erkannt und behandelt werden (Aikins et al., 2021). Dieser Workshop bietet eine Einführung in rassismuskritisches und kontextsensibles Denken und Arbeiten. Eine kritische Reflektion der eigenen Positioniertheit und damit einhergehender Perspektiven und Erfahrungen soll gefördert und für die therapeutische Arbeit nutzbar gemacht werden. Es werden relevante Forschungsarbeiten und Konzepte referiert und psychotherapeutische Handlungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten gemeinsam erarbeitet und diskutiert. Anhand von angeleiteten Übungen, aber auch der Reflexion von Praxiserfahrungen sollen eine rassismuskritische und kontextsensible therapeutische Haltung erfahrbar gemacht und die Übertragung in die eigene klinische Arbeit angeregt werden. Eine Bereitschaft zur Selbstreflexion und aktiven Teilnahme wird vorausgesetzt.

Literatur:

Aikins, M.A. et al. (2021): Afrozensus 2020: Perspektiven, Anti-Schwarze Rassismuserfahrungen und Engagement Schwarzer, afrikanischer und afrodiasporischer Menschen in Deutschland, Berlin. www.afrozensus.de
Sequeira, Dileta (2015): Gefangen in der Gesellschaft. Rassismuskritisches Denken und Handeln in der Psychologie. Tectum-Verlag.
Rassistische Realitäten. Auftaktstudie zum Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor NaDiRa, DeZIM 2021, https://www.rassismusmonitor.de

© www.badurina.de, KölnTourismus GmbH Hafen

Programm am Samstag, 24. Februar 2024

Expert*innenvortrag (2 UE)

Samstag, 24. Februar 2024 (08.30 – 10.00 Uhr)

EV 2: Eine Tüte Buntes aus der Systemischen Therapie für die Verhaltenstherapie
(geändertes Vortragsthema!)

Björn Enno Hermans; Essen

Psychotherapieverfahren haben sich schon immer gegenseitig inspiriert und bereichert, so auch wechselseitig die Verhaltenstherapie und die Systemische Therapie. Gerade in den letzten Jahren werden die Verfahrensgrenzen fließender und doch wird in Aus- und Weiterbildung (noch) an ihnen festgehalten. Die Systemische Therapie wurde 2019 für Erwachsene in die Psychotherapierichtlinie aufgenommen und 2024 vor nur wenigen Wochen auch für Kinder und Jugendliche. Somit ist auch die Systemische Therapie nun vollumfänglich Richtlinienverfahren. Im Vortrag soll der „state of the art“ der Systemischen Therapie beleuchtet werden mit dem Fokus, was davon auch für die Verhaltenstherapie nutzbar ist und gut eingebunden werden kann. Neben einem kurzen Fokus auf die Verfahrensdefinition und deren Grundlagen geht es also ganz im Sinne einer „gemischten Tüte Buntes“ um Methoden und Konzepte mit Integrations- und Bereicherungspotenzial.

Tagesworkshops (8 UE)

Samstag, 24. Februar 2024 (10.15 – 17.15 Uhr)

WS SA 1: Erfahrungen statt Erkenntnisse. Paartherapie (selbst)erfahren
Berit Brockhausen; Berlin

Liest man Artikel über gelingende Paarbeziehungen, fragt man sich, warum sich die Menschen so schwertun. Eigentlich ist alles ganz einfach. Man muss doch NUR ruhig zuhören, Verständnis zeigen, keinen Vorwürfe machen, sondern Ichbotschaften nutzen und sich ganz bewusst Zeit für tiefe Gespräche/Küsse/Sex nehmen. Wenn das bloß so einfach wäre. In diesem Workshop zeigt Berit Brockhausen einige Interventionen für Paare, die die Teilnehmenden live im Rollenspiel ausprobieren. Ganz Mutige sind eingeladen, sie gemeinsam mit ihrem Lieblingsmenschen durchzuführen – aber das ist überhaupt keine Bedingung, denn alles funktioniert auch wunderbar mit Kolleg*innen.
Fokus des Workshops ist die Frage: wie geht es den Paaren mit diesen Interventionen? Was bewirken sie? Aber auch: was mutet Paartherapeutisches Arbeiten den Patient*innen bzw Klient*innen zu? Wie kann ein*e Therapeut*in ein Paar in einem Prozess begleiten, bei dem es um mehr geht als „einfach mal nicht mehr meckern“? Wie reagieren wir als Therapeut*in auf die Probleme, mit denen Paare sich herumschlagen – und welche Wirkung hat unserer Reaktion? Wie entscheiden wir, wann wir entlasten und wann wir konfrontieren? All das probieren wir live und werten die Erfahrungen gemeinsam aus. Die Chancen sind gut, dass im Anschluss der Respekt für all die Menschen wächst, die versuchen die Herausforderungen des Paar-Seins zu meistern - und dieser Respekt ist wiederum eine gute Voraussetzung für erfolgreiches Paartherapeutisches Arbeiten.

Literatur:

Martin Koschorke: Keine Angst vor Paaren
Berit Brockhausen: Revierkämpfe. Das Territorialkonzept in der Liebe.
El Hachimi, Mohammed, Stephan, Liane: Paartherapie - Bewegende Interventionen. Tools für Therapeuten und Berater


WS SA 2: Empowerment von Eltern junger autistischer Kinder – Das Bremer Frühtherapieprogramm Autismus
Ragna Cordes; Bremen

Das Bremer Frühtherapieprogramm Autismus (BFA) ist eine hoch intensive, in der häuslichen Umgebung der Kinder ansetzende Förderung, die die Eltern und die familiäre Interaktion maßgeblich einbezieht. Schwerpunkt ist ein integriertes Elterntraining. Gefördert werden junge Kinder mit Autismus zwischen 2,5 und 5 Jahren. Die Eltern und vier Ko-Therapeut*innen bilden jeweils ein „Familienteam“ und werden in speziellen Schulungskursen in der Anwendung der „Autismusspezifischen Verhaltenstherapie (AVT)“ ausgebildet. Die so professionalisierten Eltern leiten das Familienteam, das unter Supervision insgesamt 25 Stunden pro Woche therapeutisch mit dem Kind arbeitet. Schwerpunkte der Förderung sind neben Interaktion, Kommunikation und Sprache auch die Förderung von Selbstständigkeit, Imitation und der Aufbau (vor-)schulischer Fähigkeiten. Das Programm ist wissenschaftlich evaluiert. Entwicklungsrückstände werden aufgeholt, die Autismussymptomatik deutlich reduziert, die häusliche Situation entspannt sich und die Eltern-Kind-Interaktion wird verbessert. Viele Kinder können im Anschluss erfolgreich, oft mit wenig Hilfen, in eine Regelschule integriert werden. In diesem Workshop wird das Konzept BFA erläutert. Der Fokus liegt dabei auf dem Empowerment der Eltern. Exemplarisch werden Entwicklungsverläufe einzelner Kinder mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen vorgestellt und anhand von Videoaufnahmen demonstriert.

Literatur:

Cordes, R. (Hrsg.) (2023). Bremer Frühtherapieprogramm Autismus. Intensivförderung mit Elterntraining. München: Elsevier Urban & Fischer.
Cordes, R. & Cordes, H. (2009). Elterntraining/Frühe Intervention. In S. Bölte (Hrsg.), Autismus: Spektrum, Ursachen, Diagnostik, Intervention, Perspektiven. Bern: Huber.


WS SA 3: Double Trouble? Doppeldiagnose Sucht und Psychose
Roberto D’Amelio; Homburg/Saar

Therapeutisch stellt die Komorbidität Psychose und Sucht eine Herausforderung dar und erschwert Verlauf und Behandlung dieser Patientengruppe. Mehr als die Hälfte alle Patient*innen mit Psychosen konsumiert regelmäßig psychotrope Substanzen. Hieraus resultiert im Vergleich zu Patient*innen ohne Drogenproblematik ein ungünstigerer Verlauf der psychotischen Erkrankung, geprägt von fortgesetztem Drogenkonsum, häufigerem Wiederauftreten der Psychose und mehr stationären Wiederaufnahmen. In diesem Seminar werden praxisnah aktuelle störungsspezifische Therapieansätze und -Programme zur Rückfallprophylaxe und zum Rückfallmanagement bei Patient*innen mit der Doppeldiagnose Psychose und Sucht dargestellt. Des Weiteren soll auf Besonderheiten der therapeutischen Haltung und Beziehungsgestaltung eingegangen und besprochen werden, wie sich Behandlungs-Compliance und Motivation zur Abstinenz steigern lassen. Darüber hinaus werden verschiedene Modelle zum Beziehungsaufbau sowie zur adäquaten Betreuung dieser Doppeldiagnose-Patient*innen in verschiedenen Settings (ambulant – teilstationär – stationär) erörtert.

Literatur:

D'Amelio R, Behrendt B, Wobrock T (2006): Psychoedukation Schizophrenie und Sucht. Manual zur Leitung von Patienten- und Angehörigengruppen. München: Urban & Fischer, Reihe: Im Dialog
Gouzolis-Mayfrank E (2007) Komorbidität Psychose und Sucht. Von den Grundlagen zur Praxis. Mit Manualen für die Psychoedukation und Verhaltenstherapie. 2. Erweiterte Auflage. Darmstadt: Steinkoff
Sadowski H, Niestrat F (Hrsg.)  (2010) Psychose und Sucht: Behandlung und Rehabilitation. Köln: Psychiatrie Verlag


WS SA 4: Buntes aus der Systemischen Psychotherapie – Vom Mehrpersonensetting und der Multifamilientherapie
Björn Enno Hermans; Essen

Seit 2019 ist die Systemische Therapie Richtlinienverfahren für die Behandlung Erwachsener, das Verfahren der Anerkennung als GKV-Leistung für Kinder und Jugendliche läuft derzeit. Was sind die konzeptionellen und methodischen Besonderheiten der Systemischen Psychotherapie? Wo gibt es Schnittmengen aber auch Grenzen zur Verhaltenstherapie und was kann voneinander gelernt werden? Neben grundsätzlichen Ideen zur systemischen Fallkonzeption werden vor allem die Besonderheiten des Mehrpersonensettings und des Multifamiliensettings im Mittelpunkt stehen. Was sind Indikationen, Besonderheiten und Herausforderungen? Welche Methoden eignen sich in diesen Settings besonders? Praxisnah und fallbezogen werden wir uns diesen Themen widmen und das ein oder andere auch gemeinsam ausprobieren.

Literatur:

Asen, E., Scholz, M. (2016): Praxis der Multifamilientherapie. Heidelberg: Carl-Auer
Hanswille, R. (Hrsg.) (2022): Basiswissen Systemische Therapie. Gut vorbereitet in die Prüfung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.


WS SA 5: „Ist ja egal, wen man liebt“ – Sexuelle Orientierung in der Psychotherapie
Margret Göth; Mannheim & Ralph Kohn; Berlin

Psychotherapeut*innen wollen schwule, lesbische und bi-/pansexuelle Klient*innen weder pathologisieren noch diskriminieren, sondern vielmehr affirmativ arbeiten. Aber wie geht affirmative Psychotherapie bezüglich sexueller Orientierung und Identität im konkreten Fall? Zentrales Anliegen des Workshops ist es, die Besonderheiten nicht-heterosexueller Entwicklung und Lebensgestaltung in einer heteronormativen Mehrheitsgesellschaft zu betrachten und Hilfestellung bei der Gratwanderung zwischen Außerachtlassung und Überbetonung zu leisten - hin zu einer differenziellen, angemessenen Berücksichtigung sexueller Orientierung und Identität.
Praxisorientiert geben Margret Göth und Ralph Kohn Anregungen zum Meistern spezifischer Anforderungen bei der Arbeit mit Menschen nicht-heterosexueller Orientierung vom Erstgespräch über biografische Anamnese und Diagnostik, Beziehungsgestaltung bis zu Methoden zur Bearbeitung Internalisierter Homonegativität. Neben Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz bietet der Workshop Raum für den Austausch von Erfahrungen und der Reflexion der eigenen Praxis, intervisorische Anliegen, Selbsterfahrung sowie für jegliche Fragen zu nicht-heteronormen Lebenswelten.

Literatur:

Göth M & Kohn R (2014) Sexuelle Orientierung in Pychotherapie und Beratung. Springer, Heidelberg

Wolf G, Fünfgeld M, Oehler R & Andrae S (2015). Empfehlungen zur Psychotherapie und Beratung mit lesbischen, schwulen und bisexuellen Klient_innen. Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis, 47, 21-48. doi: doi.org/10.17194/vlsp.2015.4


WS SA 6: Beratung und Therapie mit Menschen in polyamoren und nicht-monogamen Beziehungen
Ream Hadi-Hohn; Bonn

Sowohl in der Einzel- als auch in der Paartherapie steigt die Anzahl derjenigen Menschen, die offen darüber sprechen, nicht-monogam bzw. polyamor leben zu wollen oder bereits zu leben. Doch was bedeutet das für Sie in der Therapie und Beratung?

In diesem Workshop:

  • lernen und/oder vertiefen Sie Ihr Theorie-Wissen zu nicht-monogamen Beziehungsformen,
  • informieren Sie sich über aktuelle Forschungsergebnisse zu dem Thema,
  • lernen Sie, Begriffe und Konzepte wie z.B. Commitment, Compersion, Nicht-Monogamie, Polyamorie, Polycule und Beziehungs-Anarchie definieren und voneinander abgrenzen zu können,
  • diskutieren Sie dysfunktionale und funktionale Faktoren in nicht-monogamen Beziehungen,
  • differenzieren Sie Ihre persönliche Haltung zu den unterschiedlichen Beziehungskonzepten aus,
  • entwickeln Sie Sicherheit in der Sprache über nicht-monogame Beziehungskonzepte und mit polyamoren Menschen, denen Sie in Beratung und Therapie begegnen,
  • üben Sie erlernte Techniken an konkreten Beratungsfällen ein,
  • setzen Sie sich mit möglichen Fallstricken in Beratungssituationen auseinander –
  • und dies alles verknüpft mit einem hohen Selbsterfahrungsanteil über eigene Beziehungskonzepte, -vorstellungen, -gestaltung sowie über die eigene Beziehungsbiografie.

Dieser Workshop richtet sich sowohl an bereits mit den Themen vertraute Therapeut*innen als auch an diejenigen, die das Thema neu entdecken wollen.

Literatur:

Hardy, J. W. & Easton, D. (2017). The Ethical Slut, Third Edition: A Practical Guide to Polyamory, Open Relationships, and Other Freedoms in Sex and Love. National Geographic Books.
Kurt, S. (2021). Radikale Zärtlichkeit – Warum Liebe politisch ist. HarperCollins.
Mazziotta, A. (2020). Mehr als einen Menschen lieben. Familiendynamik.

doi.org/10.21706/fd-45-4-308


Sheff, E. (2015). The Polyamorists Next Door: Inside Multiple-Partner Relationships and Families. Rowman & Littlefield Publishers.


WS SA 7: „Der Mensch als Ganzes im Fokus“ – MBM in der Psychotherapie
Maren Hulisz & Anna Paul; Essen

Die Sicht auf das Veränderungspotential meiner Patientinnen und Patienten hat sich durch Erfahrungen mit der Mind-Body-Medizin-Therapie grundlegend gewandelt.“ Die Mind-Body-Medizin (MBM) fokussiert „… interactions among the brain, mind, body and behavior, and the powerful ways in which emotional, mental, social, spiritual and behavioral factors can directly affect health”. In der MBM geht es um eine ganzheitliche, integrative Betrachtung der Gesundheit des Menschen. Sie befasst sich wie oben zitiert mit den Einflüssen von psychischen Vorgängen auf körperliche Beschwerden – aber eben auch umgekehrt mit den Wirkungen körperlicher Aspekte auf die Psyche. Für Psychotherapeut*innen bietet die MBM die Möglichkeit, mit Impulsen auf körperlicher Ebene therapierelevante Veränderungen anzustoßen und zu stabilisieren. Die MBM hat ihre Ursprünge in den Forschungen des Kardiologen Herbert Benson, MD, an der Harvard University, Cambridge/MA in den 1970er Jahren und den Arbeiten des damaligen Mind/Body Medical Institute (heute: Benson-Henry Institute (BHI) for Mind Body Medicine) at Massachusetts General Hospital, Boston/MA. Sie betrachtet einen Ansatz als fundamental “… that respects and enhances each person´s capacity for self-knowledge and self-care, and it emphasizes techniques that are grounded in this approach“. Im Vordergrund steht die Stärkung der Selbstheilungskräfte von Körper und Geist.

In unserem Workshop laden wir Sie auf eine (selbst-)erfahrungsbasierte Reise in die Welt der MBM-Therapie ein. Wir sind: Dr. Anna Paul – Gesundheitswissenschaftlerin, Begründerin der MBM-Therapie in Deutschland und Leiterin der Ordnungstherapie und Mind-Body-Medizin an der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin an den KEM I Evang. Kliniken Essen-Mitte – und Dipl.-Psych.Maren Hulisz – niedergelassene Verhaltenstherapeutin mit mehrjähriger MBM-Berufserfahrung im Team von Dr. Anna Paul. Im ersten Teil des Workshops wird die Geschichte der MBM-Therapie sowie die Vorstellung verschiedener MBM-Programme, dabei insbesondere das MICOM- (Mind Body Medicine in Integrative and Complementary Medicine) Programm der Essener Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin, vorgestellt. Wir vermitteln einen Einblick in die zentralen Säulen der MBM: Achtsamkeit, Bewegung, Entspannung/Spannungsregulation durch Atmung, Ernährung, naturheilkundliche Selbsthilfe und mentale Techniken. Nach Vermittlung der grundlegenden Konzepte geht es in einem praktisch orientierten Teil um Erfahrungen mit naturheilkundlichen Selbsthilfestrategien, in denen wir Ihnen ganz konkret Werkzeuge der MBM vermitteln. Neben einer Vielzahl von Übungen möchten wir von Fallbeispielen berichten, die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch und der Erarbeitung von Fallkonzeptionen bieten und dabei die Integration der MBM in den psychotherapeutischen Alltag beleuchten.

Literatur:

Dobos, Gustav J.; Paul, Anna (Hrsg.) (2019): Mind-Body-Medizin. Moderne Ordnungstherapie in Theorie und Praxis: Gesundheitsressourcen aktivieren – Patienten befähigen. 2. Auflage. München: Elsevier.
Dobos, Gustav; Altner, Nils; Lange, Silke, Musial, Frauke; Langhorst, Jost; Michalsen, Andreas; Paul, Anna (2006): Mind-Body Medicine als Bestandteil der Integrativen Medizin. Bundesgesundheitsbl. 49, 723–728.
Literaturliste des Lehrstuhls für Naturheilkunde und Integrative Medizin (nhk-fortbildungen.de):
https://www.nhk-fortbildungen.de/files/publikationen_lehrstuhl1.pdf


WS SA 8: Die sexuelle Entwicklung im Kindesalter – Eine „vergessene“ Entwicklungsphase, die maßgeblich die eigene Körperakzeptanz wie auch das eigene Körperglück beeinflusst
Anne E. Hunter; Worpswede

Dieser Workshop soll grundlegende Informationen über die sexuellen Entwicklungsphasen im Kindesalter geben. Dabei liegt der Fokus auf der Eltern-/Bezugspersonenarbeit, mit dem Ziel, dass das Familiensystem förderliche, sichere und unterstützende Rahmenbedingungen schafft, damit Kinder ihre eigene Sexualität altersgerecht, sicher, selbstbewusst und verantwortungsbewusst erleben können. Denn so wie ein Kind dazu erzogen und geprägt wird, den eigenen Körper mit all seinen Funktionen annehmen und lieben zu lernen, hat einen sehr großen Anteil daran, wie es sich in der Pubertät dem kulturell vorherrschenden Schlankheits- und Körperkulturwahn widersetzen kann und seine Sexualität in der Jugend- wie auch Adoleszenzzeit genießen, selbstbewusst und verantwortungsbewusst ausleben kann.

Zielgruppe:
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen, Psychologische Psychotherapeut*innen, Ärzte*innen, Mitarbeiter*innen von Erziehungsberatungsstellen und alle Menschen, die therapeutisch mit Kindern und Jugendlichen arbeiten
Lernziele: Einführung in die sexuelle Entwicklung von Kindern, Kommunikationsgewohnheiten und Einstellungen der Eltern über Sexualität eruieren und ggf. framen
Wesentliche Themen/Inhalte: Definition von Sexualität, Sexuelle Entwicklung in der Kindheit – mit sich selbst und mit anderen, Begleitung von Eltern hinsichtlich sexualerzieherischen Fragen
Methoden: Theorie, Rollenspiele, Selbstreflexion und Austausch mit anderen Seminarteilnehmern*innen

Literatur:

Sanderijn van der Dorf: Kleine Menschen große Gefühle. Die sexuelle Entwicklung von Kindern 0-12 Jahre
Quindeau, Ilka & Brumlik, Micha: Kindliche Sexualität
Maiwald, Jörg: Sexualpädagogik in der Kita
 

WS SA 9: „In diesem Moment …“ Fähigkeiten wahrnehmen, erleben und entwickeln. Videobasiertes Skillstraining mit der Marte-Meo-Methode
Andrea M. Obermaier; Frankfurt am Main

Wie Beratung theoretisch gelingen kann, ist bereits gut erforscht. Der Stellenwert der Marte-Meo-Methode von Maria Aarts leitet sich aus ihrer hohen Praxisrelevanz ab. Sie erweitert die professionelle psychosoziale Kommunikation um ein hochwirksames Tool (vgl. Hawellek): Fachkräfte können Ratsuchende jeden Alters damit videobasiert alltagsnah und verständlich unterstützen. Der gemeinsame Blick auf konkrete gelungene Momente hilft dabei, eigene Fähigkeiten wahrzunehmen, zu erleben und zu entwickeln. Denn auf neurobiologischer Ebene aktivieren die veränderten Selbst- und Fremd-Bilder neues Potential (vgl. Niklaus-Loosli).
Inhalt des Workshops: Einführung in die Marte Meo Grundlagen entwicklungsunterstützender Kommunikation. Einzelne Elemente und Schritte des Beratungsprozesses anhand von Videoclips aus verschiedenen psychosozialen Arbeitsfeldern. Erster Einblick in die Anwendung von Checklisten zur Einschätzung und Unterstützung von Entwicklungsschritten (Themenbereiche: Emotionsregulation, Soziale Fähigkeiten, Arbeitsverhalten, Kooperationsfähigkeiten und Leitungskompetenzen). Präsentation, Einzel- und Gruppenarbeit, Selbsterfahrung.

Literatur:

Aarts/Hawellek/Rausch/Schneider/Thelen (2014). Eine Einladung zur Entwicklung. Eindhoven: Aarts Productions
Hawellek (2012). Entwicklungsperspektiven öffnen. Grundlagen beobachtungsgeleiteter Beratung nach der Marte-Meo-Methode. Göttingen: V&R
Berther/Niklaus Loosli (2019). Die Marte Meo Methode. 2. Aufl. Bern: Hogrefe Verlag
Rohr (2023). Wie Marte Meo wirkt. Ergebnisse eines 10-jährigen Bildungs- und Beratungsforschungsprojektes. Heidelberg: Carl Auer Verlag


WS SA 10: Prokrastination, den Zeiträuber verstehen und bewältigen AUSGEBUCHT
Solange Otermin; Zaragoza/Spanien

Das Wort Prokrastination wird von den Medien immer öfter benutzt, um das dysfunktionale Aufschiebeverhalten zu benennen. In Psychologie versteht man es als den absichtlich verspäteten Beginn oder das absichtlich verspätete Beenden einer wichtigen Aufgabe (McCown und Roberts, 1994). Wer chronisch aufschiebt, scheint jemand zu sein, der es zwar ändern möchte, aber weder die Selbstdisziplin noch den Antrieb hierzu hat. Ist dann die Prokrastination ein Euphemismus für Faulheit? Wenn es um reine Bequemlichkeit ginge, könnten wir nicht klären, wieso so viele Leute das Fahrrad reparieren statt die Steuererklärung auszufüllen. Die Prokrastination ist ein komplexes Phänomen und zeigt häufig dazu eine komorbide Symptomatik. Die Prokrastination kann viele Folgen nach sich ziehen, die von den Betroffenen als belastend erlebt werden. Die Leistung, das Wohlbefinden, der Schlaf und die sozialen Kontakte können dadurch beeinträchtigt werden, bis zu gravierenden Lern- und Arbeitsstörungen führen.
Dieser Workshop bietet eine vertiefte Erklärung des Konzepts und der Grundlagen der   Prokrastination sowie Einblicke in die Interventionstechniken. Das Ziel dieser ist es, dass die Betroffenen lernen, ihr Verhalten wieder unter Kontrolle zu bringen,um ihre Leistungen und vor allem ihre Lebensqualität zu steigern. Die Teilnehmer*innen werden demnach die Hintergründe der Prokrastination verstehen, um effektive Therapiestrategien zu entwickeln und somit den Betroffenen helfen, es zu bewältigen.

Literatur:

Ferrari J. R., Johnson J. L., McCown W. G. (1995) Procrastination and Task Avoidance, Theory, Research, and Treatment, New York, U.S.A., Plenum Press.
Otermin-Cristeta, S., & Hautzinger, M. (2018). Developing an intervention to overcome procrastination. Journal of prevention & intervention in the community46(2), 171-183.
Steel, P. (2007). The nature of procrastination: A metaanalytic and theoretical review of quintessential self-regulatory failure. Psychological Bulletin, 133, 65-94.


WS SA 11: Hilf mir, wenn ich traurig bin – Wenn Kinder, Jugendliche und ihre Familien Abschied, Tod und Trauer begegnen
Mechthild Schroeter-Rupieper; Gelsenkirchen

Wenn eine lebensbegrenzende Krankheit oder der Tod über eine Familie hereinbrechen, benötigen meist einzelne oder alle eine Orientierungshilfe, Information und Impulse – dazu meist auf unterschiedliche Weise. Aufgrund des entwicklungspsychologischen Trennungsverständnisses, verschiedener Charaktere und Situationen fallen Reaktionen oft vielfältig aus. In diesem Workshop werden Todesverständnis, Trauerreaktionen, familiäre Fallbeispiele, kreative Gesprächsmethoden und Rituale, Anregungen zu Bilderbüchern durch das LAVIA Lebensweg- und Trauermodell veranschaulicht.

Bücher der Referentin sind vor Ort erhältlich. Mechthild Schroeter-Rupieper, Fachreferentin und Gründerin der Familientrauerarbeit deutschsprachigen Raum, Autorin versch. Bücher und Fachzeitschriften, Leitung Lavia Institut für Familientrauerbegleitung, Gelsenkirchen

Literatur:

Für immer anders. Das Hausbuch für Familien in Zeiten der Trauer und des Abschieds. Ein Buch für Familien, Pädagog:innen und Therapeut:innen
Geht Sterben wieder vorbei? Ein Sachbilderbuch
In deiner Trauer getragen. Ein Buch für Sterbende und Trauernde, im Inhalt u.a. Fallbeispiele, Bestattungsmöglichkeiten, Tabus, Suizid, AbschiedmöglichkeitenPraxisbuch Trauergruppen. Ein Methodenbuch